Der verbotene Planet von Jacqueline Montemurri
Inhalt
Die Menschheit hat die Erde verlassen und lebt nun auf dem Mars. Niemand darf mehr die Erde betreten.
Allerdings ist vor dreißig Jahren ein Raumschiff auf der Erde abgestürzt. Von der damaligen Crew sind noch siebzehn Leute übrig, die seitdem auf der Erde gelebt haben und inzwischen sind zwei neue Generationen auf der Erde geboren worden (wobei die zweite natürlich noch sehr jung ist).
Es sind also einige dazugekommen zu den siebzehn Leuten von damals und diese Menschen empfinden die Erde als ihr Zuhause.
Bei einem Routine Observationsflug bemerkt die Gruppe um Captain Liv Heller, dass auf der Erde Menschen leben. Denn diese haben einen Notruf abgesetzt.
(Nun folgen leichte Spoiler zu den ersten fünfzig Seiten, aber im Klappentext steht nichts davon, daher Spoilerwarnung, sonst weiterlesen unten bei "Romanfiguren":)
Später stellt sich heraus: Eine Gruppe um Harrison herum hat das Raumschiff damals manipuliert und wollte dort landen. Sie wollten auf der Erde leben.
Allerdings waren nicht alle eingeweiht. Einer wurde tatsächlich direkt nach dem “Absturz” umgebracht, eine junge Frau, die damals Kind und Mann auf dem Mars hatte, erfuhr dreißig Jahre nichts davon (Eva). Eva hat inzwischen auf der Erde einen neuen Mann und zwei Kinder mit ihm. Ihren Konflikt hätte ich interessant gefunden, wenn er nicht gleich so aus dem Ruder gelaufen wäre.
In der Gegenwart ist Harrisons Frau schwer erkrankt und er weiß, er kann sie auf der Erde nicht retten. Sie haben zwei Ärztinnen, aber natürlich wenig Medizin oder Hilfsmittel (wobei sie offenbar schon noch Breitbandantibiotika haben, die auch noch haltbar sind, Science Fiction eben).
Daher setzt Harrison ohne Absprache mit den anderen einen Notruf ab, damit jemand vom Mars sie findet. Er hat den Plan, seine Frau auf dem Mars medizinisch behandeln zu lassen. Harrison weiß ganz genau, dass durchschnittlich alle siebzehn Jahre jemand in den Erdorbit fliegt und mal nach dem rechten schaut, wusste also, wann es sich lohnt, den Notruf abzusetzen.
Die Marsmenschen (das finde ich übrigens unterhaltsam) kommen auch und finden es weniger witzig, dass auf der Erde wieder Menschen leben. Das verstößt gegen die oberste Direktive: Kein Mensch darf je wieder die Erde betreten.
Jetzt haben die ein Problem: Sie können das nicht so weiterlaufen lassen. Sie können die Marsmenschen aber auch nicht mit zurück zum Mars nehmen, weil dann herauskommt, dass dreißig Jahre lang Menschen auf der Erde gelebt haben. Sie erhalten den Befehl von oben, die Menschen da unten alle zu töten.
Der Plot birgt viele tolle Konflikte. Auch die Frage einiger Eltern: Will ich mein Kind weiterhin auf der paradiesischen (aber echt leeren, chancenlosen) Erde aufwachsen lassen, oder schicke ich es zum Mars, damit es etwas Anständiges lernt und andere Lebensverwirklichungsmöglichkeiten hat?
Ich frage mich tatsächlich auch, was ich lieber hätte. Sowohl für mich selbst als auch für meine wissbegierigen Kinder.
Will ich das Wissen der Menschheit oder Moos unter meinen nackten Füßen?
Später kommt noch der Konflikt dazu: Darf ich Menschen einfach so töten, weil der Befehl von oben kommt. Bzw., sogar konkreter (aber das würde spoilern): Darf ich für das Wohl vieler einige wenige töten?
Es gibt viel Personal, meines Erachtens verdichtet sich die Geschichte im letzten Drittel auf Sida (vom Mars) und Lyam (auf der Erde geboren):
Die Figur des Lyam wurde aus der Gemeinschaft so halb ausgeschlossen und warum, klärt sich so nach und nach auf. Ich bin aber nicht sehr überzeugt davon, dass seine Sünde besonders krass war, ich halte die Bestrafung für völlig überzogen. Es war aber erstmalig ganz gut beschrieben und hat Neugier bei mir erzeugt, als es erwähnt wurde:
“Eine Gemeinschaft, in der er nicht mehr willkommen war, die ihn duldete wie einen Geist, durch den man hindurchschaute, seit jenem Vorfall vor neun Jahren.”
Die Figur des Collin hätte ruhig ein bisschen mehr Trauer empfinden können, immerhin ist seine Frau Sara bei der Geburt des zweiten Kindes gestorben. Aber die Perspektive bleibt hier in diesem Roman meist recht weit von den Figuren entfernt, was ich schade finde. Da wäre mehr gegangen, mehr Identifikation und somit mehr Spannung, jedenfalls für mich. Generell fand ich dieses Detail höchst sinnvoll, denn es zeigt deutlich, dass die Situation auf der Erde nicht in jeder Hinsicht paradiesisch ist, der Mars hat bessere medizinische Möglichkeiten (sogar ziemlich futuristische a la Körperteile nachwachsen lassen).
Romanfiguren
Es gibt viele Figuren. Viele Namen. Das Problem für mich ist nicht, dass die Figuren nicht unterscheidbar genug sind, es ist die schiere Zahl und somit bleibt nicht genug Bühnenzeit für alle.
Ich hatte arge Schwierigkeiten, die auseinanderzuhalten und zumindest im mittleren Drittel war das teilweise für die Handlung wichtig. Nicht nur zu wissen, wer "Marsmensch" und wer von der Erde ist, sondern auch, wer von der Erde dort ...